Gruppenfahrten

Entwurf

Zwar fahre ich nicht häufig in einer Gruppe, jedoch kommt es hin und wieder vor und immer stören mich einige Kleinigkeiten. Solange es jedoch nicht kritisch wird, ärgert’s mich nicht weiter. An der Grenze zum Kritischen war’s jedoch schon oft und so will ich hier ein paar Gedanken niederschreiben und damit zur Diskussion anregen. 
Vorab: Ich bin nicht der Meister aller Klassen; ich will hier nur im Sinne der Sicherheit zum Mitdenken und Diskutieren anregen.

Grundsätzlich lassen sich viele Arten von Gruppenfahrten unterscheiden. Zum Einen können alle Teilnehmer den Zielort kennen (wenn auch nicht die genaue Streckenführung dorthin); zum Anderen gibt es geführte Rundfahrten über unbekanntes Terrain. Daneben muss auch noch bei der Teilnehmerzahl unterschieden werden. Wichtig vor jeder Fahrt (egal welcher Art) ist die Kommunikation. Nicht nötig – werden einige sagen, wir fahren schon so lange und sind ein eingespieltes Team. Das mag auf eine Minderheit sicherlich zutreffen. Aber akzeptiert doch einfach, dass auch in Eurer Mitte mal ein Neuer ist.

Unabhängig von den Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung kommt es schon mal vor, dass sich auf der Autobahn oder auf der Landstraße Gruppen treffen und das selbe Ziel haben. Obwohl es nicht geplant war, befindet man sich so in einer großen Gruppe. Egal ob groß oder klein, sind aber einige Kleinigkeiten zu beachten:

 

Die Fahrt zum gemeinsam bekannten Zielort
An der Spitze fährt der beste Fahrer (und dies ist in keinem Fall der Raser)! Der beste Fahrer zeichnet sich durch Streckenkenntnis und gruppenfahrerisches Können aus. Fahrt ihr mit GPS Hilfe, gehört der beste Fahrer an die zweite Stelle, so dass der GPS-Fahrer sich auf Verkehr und Route konzentrieren kann. Dahinter kommen die Neuen oder die mit den langsamsten Maschinen. Am Schluss sollte mindestens wieder ein guter Fahrer mit Ortskenntnis fahren.

In der Ortschaft:
Irgendwann reißt jedoch (an irgendeiner Ampel) die Gruppe auseinander. Wenn jetzt bei einer Gruppe Gespannfahrer die ersten zehn Gespanne bei der nächsten Möglichkeit stehen bleiben und warten, verursacht die Gruppe unter Umständen  nicht nur ein heilloses Chaos, sondern gefährdet sich und andere unnötig. Vor der Fahrt gilt die eiserne Regel: „Solange wir nicht abbiegen, bleiben wir auf der Vorfahrtstraße.“ Hieraus ergibt sich die Anforderung, erst vor dem nächsten Abbiegen für die Nachzügler darauf aufmerksam zu machen. Solofahrer haben’s hier einfacher – sie können sich fast überall hinstellen, ohne den laufenden Verkehr zu behindern oder sogar zu gefährden. Bei Gespannfahrern wird’s schwieriger. Aber zum Einen sieht man recht frühzeitig, wenn die ersten schon blinken und zum Anderen kann die vorausfahrende Mannschaft abhängig von der Situation etwas langsamer fahren, ohne den Gesamtverkehr zu behindern. Wichtig ist, es braucht nur einer zu warten. Schließen die Nachzügler zum Wartenden auf, so rückt diese Gruppe immer weiter zum Anfang der Gruppe vor. Wenn vor jedem Abbiegen wieder jemand wartet, kann schon eine weite Strecke überbrückt werden. Geht’s sehr lange durch eine Ortschaft mit vielen Ampeln und ist die Gruppe sehr groß, sollte entweder die Gruppe vorher geteilt werden, da ein gemeinsames „Durchkommen“ aller nicht möglich ist, oder es müssen mehrere Stops an Tanken etc. im Ort eingelegt werden, um sich wieder zu sammeln. Ist zudem die „Führergruppe“ schon auf wenige Teilnehmer zusammengeschmolzen, fällt es diesen wesentlich leichter, irgendwo einen Haltepunkt zu finden.

Auf der Landstraße:
Außerhalb der Ortschaft wird’s wieder einfacher – oder auch nicht? Auf der Landstraße gibt’s nicht nur Vorfahrt und so wird die Kette oftmals durch Autofahrer unterbrochen. Jetzt darf es nicht zu halsbrecherischen Überholmanövern kommen. Im Normalfall stört’s niemanden, wenn in einer Motorradgruppe auch ein Auto fährt. Jeder Motorradfahrer sieht seine Gruppenmitglieder auch noch, wenn mehrere Autos „stören“. Wichtig ist jedoch, auch in der Motorradgruppe den erforderlichen Sicherheitsabstand zu halten. So kann der Autoraser auch ohne Gefährdung der Motorradgruppe überholen bzw. der Bummler von den anderen Gruppenmitgliedern überholt werden.

Auf der Autobahn:
Hier wird’s recht einfach. Zum Einen haben wir’s beim Überholen oder Überholtwerden nicht mit Gegenverkehr sondern mit einer eigens dafür eingerichteten Spur zu tun. Zum Anderen gibt’s nicht so viele Ampeln und Abzweigungen. Aber auch hier ist es wichtig, sich vorher abzusprechen. Auch auf Autobahnen wird die Gruppe auseinandergerissen. Dass der Voranfahrende nur dann überholt, wenn auch die anderen überholen können, ist selbstverständlich – doch allzu oft bremst der Voranfahrende nach dem Einscheren auf der rechten Spur viel zu früh ab. Der ganze Tross hängt jetzt auf der zweiten Spur und muss abbremsen, um ebenfalls einscheren zu können. Da jedoch keine Lücke mehr vorhanden ist, entstehen hier mitunter gefährliche Situationen. Aus diesem Grunde meine oben aufgestellte Forderung, dass der beste Fahrer an die Spitze gehört. Und gerade das Vermeiden solcher Situationen zeichnet einen guten Fahrer aus. Selbstverständlich sollte sein, dass kurz vor dem Verlassen oder Wechseln der Autobahn bei einer entsprechend großen Teilnehmergruppe nicht mehr überholt wird. Der gerade überholende Teil der Gruppe wird es dem Vorausfahrenden danken. Halten alle Teilnehmer beim Wechsel der Autobahn nicht nur den Mindestabstand, so entstehen auch im Berufsverkehr beim Einfädeln auf die neue Bahn keine Probleme. Dieser Abstand hilft auch Autofahrern, sich trotz großer Motorradgruppe und Berufsverkehr auf der Autobahn einzufädeln. Oftmals ist zu beobachten, dass vor einem Überholvorgang der letzte Fahrer zum Überholen auf die zweite Spur geht und „das Terrain sichert“, damit alle weiteren Fahrer gefahrlos ausscheren können. Hiervon ist nur im seltensten Fall Gebrauch zu machen. Bei zehn Gespannen ist es auf voller Autobahn halt nicht möglich, dass immer alle hintereinander herfahren. Ebenfalls kann so falsche Sicherheit vermittelt werden. Habt ihr Führerscheinneulinge oder unsichere Fahrer dabei, so kann der Dahinterfahrende vielleicht mal „Hilfestellung“ geben, jedoch darf dies nicht für eine große Gruppe gelten.

 Rundfahrten über unbekanntes Terrain:
Bei einigen Motorradtreffen sind Ausfahrten an der Tagesordnung. Hierbei handelt es sich entweder um eine landschaftlich reizvolle Strecke oder eine Ausfahrt mit Behinderten (Jumbo Run). Beide Arten beinhalten jedoch schon eine zusätzliche Ablenkung. Daher ist es um so wichtiger, direkt vor der Fahrt mit allen Beteiligten und nicht nur den unmittelbar um euch herumstehenden Fahrern eine Fahrerbesprechung zu machen.

Abgesperrte Tour:
Heureka – hier gibt’s weder Stopschild noch rote Ampel - Fahren in Reinkultur! Doch auch hier verbergen sich Gefahren. Leider ist die Polizei niemals mit genügend Fahrzeugen vertreten, um alle Sperrungen selber vornehmen zu können. Aus diesem Grunde müssen einige Solofahrer (idealerweise mit Streckenkenntnis) mit deutlich sichtbarer Warnweste ebenfalls unterstützend eingreifen. Hier beginnt das Debakel in Deutschland. Während alle Verehrsteilnehmer in Holland oder Belgien solche Absperrungen akzeptieren, liegt es in der Natur des Deutschen, dies erst einmal in Frage zu stellen. Wenn dann der Autofahrer nicht nur hupt und laut schimpft, muss der absperrende Motorradfahrer wissen, wie weit er gehen darf. Er muss den Verkehr auf jeden Fall stoppen, da die Gruppenteilnehmer darauf vertrauen, freie Fahrt zu haben. Dies soll keinen Gruppenteilnehmer von seiner normalen Verkehrspflicht entlasten, jedoch bedenken wir die oben angesprochenen Ablenkungen. Während bei Solofahrten schon fast alles beachtet wurde (falls nicht, schreibt es mir!), hört’s bei den Gespannen noch lange nicht auf. An die Spitze der Gespanne gehört ein ortskundiges Fahrzeug. Dieser Fahrer bestimmt die Geschwindigkeit. Zum Einen sollte die Gruppe zusammenhängend mitkommen können (bei Gespannen gibt’s auch extrem langsame), zum Anderen muss dieser Fahrer jedoch auch bei durchgehendem Verkehrsfluss dafür sorgen, dass die Gruppe erst dann eine Kreuzung erreicht, wenn diese abgesperrt ist. Und da nicht nur die Polizei absperrt, muss jeder „Absperrer“ wissen, wie er sich mit dem vorausfahrenden Gruppenfahrzeug verständigt. An das Ende der Gruppe gehört ebenfalls wieder ein zusätzliches Fahrzeug, welches (mindestens mit Warnblinklicht) die nachfolgenden anderen Verkehrsteilnehmer auf die zusammenhängende Gruppe hinweist. Hilfreich sind auch hier wieder einige Solisten, die durch eindeutige Fahrweise das Überholen durch andere Verkehrsteilnehmer verhindern. Idealerweise fährt am Schluss wieder die Polizei (hab ich jedoch trotz Polizeibegleitung und Absperrung noch nie gesehen.) Für die absperrenden Solisten ist wichtig, nach der Gruppe die Kreuzung geordnet zu verlassen, damit die Ampelschaltung oder Vorfahrtregelung wieder greifen kann. Da diese Solisten die ganze Gruppe für weitere Absperrungen wieder überholen müssen, ist es wichtig, auch bei solchen Fahrten einen Sicherheitsabstand zu halten. Bei entgegenkommenden Verkehr müssen die Solisten schließlich auch eine Lücke finden. Leider ist es auch hierbei möglich, dass die Gruppe auseinanderreißt. Der jetzt hinten fahrende „normale“ Gruppenteilnehmer darf sich auf keine Fall deutlich zurückfallen lassen, damit die anderen ihn dann vielleicht doch noch einholen. Wenn’s geht, kann er das Warnblinklicht einschalten. Die Absperrposten müssen in diesem Fall entscheiden, ob sie die Absperrung aufrecht halten oder nicht. Wichtig ist, dass in der zweiten Gruppe jetzt ein Teilnehmer vornweg fährt, der in der Regel ortsunkundig und auf Grund der besonderen Situation auch verschreckt ist. Diesem muss klar sein (und unterstützend auch durch die Solisten) vermittelt werden, dass für ihn und die folgenden die freie Fahrt beendet ist (Ausnahme: es stehen genügend Solisten für die Führung der zweiten Gruppe und entsprechender Absperrung zur Verfügung). Die Gruppe ist schnellstmöglich von der Straße (an Tanke oder Rastplatz) zu führen, um alle Teilnehmer auf die geänderte Situation aufmerksam zu machen. Falls möglich sollte so lange verweilt werden, bis das wieder genügend Solisten zum Absperren mit Polizeibegleitung vorhanden sind.

Freie Tour:
Unabhängig von der Straßenverkehrsordnung dürfen freie Touren nicht in großer Gruppe stattfinden. Hier handelt es sich um viele Motorradfahrer, die sich zwar beim Namen kennen, jedoch einer vom Fahrstil des anderen und seinen Interessen nichts weiß. Aus diesem Grunde sind freie Touren lediglich in kleiner Gruppe (drei bis sechs Fahrzeuge) durchzuführen. Vorneweg fährt immer ein Ortskundiger, so dass sich Streckenposten etc. erübrigen. Bei dieser kleinen Gruppe ergeben sich alle zuvor genannten Probleme im Regelfall nicht.

  

Die Panne:
Jetzt habe ich über so viele Hindernisse etc. gesprochen, doch die viel gefürchtete Panne hab ich ausgelassen. Wer mit einer Panne liegen bleibt, sollte zunächst einmal das Fahrzeug, die Insassen und den Ort bestmöglich absichern. Danach sollte er/sie jedoch nicht auf sich allein gestellt bleiben. Wichtig ist jedoch, dass niemals die ganze Gruppe sofort auf ein Pannenfahrzeug reagiert. Geht’s mit Clubkollegen zu einem gemeinsamen Ziel, kann unter Umständen ein dahinter herfahrender beim Sichern und beim Beheben der Panne helfen. Die restliche Gruppe wartet jedoch auf Parkplätzen oder auf ähnlich sicheren Plätzen. Natürlich ist es schwierig zu unterscheiden, ob die Gruppe wegen roter Ampeln zurückgefallen ist oder jemand auf Grund einer Panne liegengeblieben ist. Auf jeden Fall tut Absprache not. Ist das ganze auf der Autobahn passiert, wartet die Gruppe auf einem Rastplatz und ein (vielleicht technisch versierter Kollege) dreht an der nächsten Ausfahrt, um zu Hilfe zu eilen. Bei Ausfahrten ist der ausführende Club dafür verantwortlich, dem Pannenfahrzeug zu Hilfe zu eilen. Die Gruppe fährt (außer bei erforderlicher Soforthilfe – z.B. bei Unfällen) weiter.

 

 

Wenn durch diesen Artikel nur ein Unfall verhindert werden kann, hat er seinen Zweck erfüllt. Ich entbinde jedoch keinen von seiner allgemeinen Pflicht, sich sorgfältig entsprechend der Straßenverkehrsordnung im Verkehr zu bewegen. Ebenfalls übernehme ich keine Haftung (dies ist leider in Deutschland immer anzugeben). Ich fordere hiermit zu einer Diskussion auf, um den Straßenverkehr auch für die Motorradfahrer sicherer zu machen.

 

Klaus Dieter Poppe